- Burgkapelle
Pfingstsonntag in der Hofburgkapelle
Pfingstsonntag in der Hofburgkapelle:
Franz Schubert, Messe Nr. 6 Es-Dur
In den letzten Monaten seines Lebens war Franz Schubert sehr
krank. Er wurde wahrscheinlich wegen einer Syphilis behandelt; die damalige Therapie der Wahl war Quecksilber. Die Nebenwirkungen
dieser "Kur" waren schmerzhaft und schlussendlich tödlich. Schubert muss Qualen gelitten haben.
Dennoch schrieb er -
zwischen Juli und November 1828 - eine Symphonie, ein Streichquartett, die 14 Lieder seines Schwanengesangs und die Messe
in Es-Dur, seine letzte.
Es ist eine Stunde Musik; 45 Minuten waren damals
das höchste der Gefühle für eine "solemne", feierliche Messe. Die Musik der Es-Dur Messe ist unendlich schön; es ist das unorthodoxe,
idiosynkratische und tief empfundene Glaubensbekenntnis eines Querdenkers, dem jede Form der Bigotterie verhasst war. Schubert
ändert die Reihenfolge des liturgischen Textes, lässt Passagen, mit denen er nicht übereinstimmt, einfach weg ('suscipe deprecationem
nostram, qui sedes ad dexteram Patris, miserere nobis', 'Patrem omnipotentem', 'genitum, non factum, consubstantialem Patri',
'[credo] in unam sanctam catholicam et apostolicam ecclesiam').
Es gibt keine Orgel. Statt derer verwendet Schubert drei
Posaunen, die so eingesetzt sind, dass man an die Instrumente denkt, die die Mauern von Jericho zum Einsturz gebracht haben
- oder an die Apokalypse.
Schubert lässt das Volk zu Wort kommen; die Es-Dur Messe ist vor allem eine Chormesse,
es gibt nur zwei Passagen mit Soli. Die Harmonien nehmen Wagners Musik vorweg. Auf eine seltsame Art erinnert diese spätromantische
Messe an die Musik eines anderen Querdenkers: Johann Sebastian Bach.
Schubert hat seine Messe nie gehört: Die Uraufführung fand am 4. Oktober 1829 statt, elf Monate nach Schuberts
Tod.
An diesem Pfingstsonntag singen Knaben aus dem Haydnchor und dem Mozartchor die Messe. "Es ist eine wunderschöne
Messe - ich glaube, meine Lieblingsmesse", sagt Jack, dessen letztes Jahr im Chor es ist. Luis stimmt ihm zu: "Ich freue mich,
sie wieder zu singen. Ich finde, die Musik tröstet."